Der Basler Totentanz – auch im Kleinbasel und in der Region

Das verschwundene, ehemals berühmte Totentanzgemälde von der Friedhofsmauer des Predigerklosters wurde vielfach nachgeahmt wie z.B. in Lörrach-Herten, Bleibach und Freiburg i.Br. Man begegnet ihm auch am Haus Webergasse 1 am Ende der Unteren Rheingasse im Kleinbasel.

Zu allen Zeiten und bei allen Völkern hat sich der Mensch mit dem Problem der Vergänglichkeit des Lebens beschäftigt und versucht, seine Ängste vor dem Tod im Ausdruck von Magie und Kult, Religion und Kunst zu bewältigen. Diese Manifestationen sind je nach Kultur und Zeitalter unterschiedlich und in ständigem Wandel begriffen. Auch die Geschichte des Basler Prediger-Totentanzes zeigt solche Änderungen im Zeitgeist deutlich auf, und das gilt bis heute. So hat man vor Jahren die Tram-Haltestelle „Totentanz“ umbenannt. Sie heisst seither schlicht „Universitätsspital“. Der heutige Mensch erträgt offenbar nicht einmal mehr die Erinnerung an das grandiose Kunstwerk, das an diesem Ort einst stand.


Basler Totentanz. Aquarellkopie von Johann Rudolf Feyerabend 1806.

Totentanzbilder gab es im späten Mittelalter, ausgehend von Frankreich, in ganz Europa, und die meisten sind heute verschwunden. Ihnen voraus gingen Literaturwerke, die an den Tod mahnten und Busse predigten zur Vorbereitung auf die „Stunde des ewigen Gerichts“. Mit der „Legende von den drei Lebenden und den drei Toten“ setzte im 12. Jahrhundert die bildliche Illustration dieses Themas ein. Solche Darstellungen gab es mehrfach in unserer Region. Noch immer zu sehen im Beinhaus der Kirche von Muttenz oder in der Evangelischen Kirche von Badenweiler.

Der Basler Totentanz war eine „Tourismus-Attraktion“

Das berühmte Basler Wandgemälde an der Friedhofsmauer des Predigerklosters ist wahrscheinlich in der Zeit um 1440 unter dem Eindruck der damals verheerenden Pest-Epidemie entstanden. Der Maler ist bis heute unbekannt geblieben. Man vermutet heute, er könnte auch aus den Reihen der Predigermönche gestammt haben. Aus ganz Europa pilgerten die Menschen herbei, um sich dieses eindrückliche Werk zu besehen. Wer den Totentanz nicht gesehen hatte, hatte Basel nicht gesehen.


Der Papst und der Tod. Kupferstich nach dem Basler Totentanzvon Matthäus Merian 1649.

Aus Deutschland kam das Vorbild für den Text, der den Basler Totentanzfiguren zugeordnet wurde. Solche Verse, illustriert mit einfachen Holzschnitten, fanden im 15. Jahrhundert grosse Verbreitung. Normalerweise waren darin 24 Tanzpaare vorgestellt, in Basel sind diese jedoch auf 39 erweitert worden. Charakteristisch für die Stadt im Spätmittelalter stammen die aufgeführten Personen aus der städtischen Obrigkeit und die Figuren aus dem Volk. Aber auch Jude und Heide kamen hinzu, was damals einer Erweiterung „auf die ganze Menschheit“ gleichkam. Dass dieses grossartige Werk, das im Lauf der Zeit unzählige Male neu übermalt worden ist, im beginnenden 19. Jahrhundert als „Kinderschreck und Leutescheuche“ verschrieen war, ist uns heute unbegreiflich. 1805 kam es jedenfalls zu einem tumultuösen Abbruch, bei dem zum Glück ein paar weitsichtige Kunstfreunde 24 Teilbilder gerettet haben. Diese Überreste sind im Historischen Museum ausgestellt.

Wenig bekannt ist, dass eine Kopie des Totentanzgemäldes auch im Kleinbasler Frauenkonvent Klingental bestand.. Die Prediger, die dem Kloster vorstanden, hatten es den lebenslustigen Nonnen vielleicht als Mahnmal im Kreuzgang angebracht. Ein Wandgemälde von 1931 am Haus Webergasse 1 beim Eingang zum ehemaligen Klosterareal erinnert heute noch daran.

Totentanz auch in Herten, Bleibach und Freiburg i.Br.


Wandbild an der Webergasse 1 aus dem Totentanz im Klingentalkloster. Kopie von Emmanuel Büchel 1767.

Mit der Romantik setzte ein neues Interesse am alten Thema ein. Als Vorbilder dienten die Totentanz-Kopien von Matthäus Merian d.Ä. (Kupferstiche von 1649) und Aquarellbilder von Emanuel Büchel (1768) und Johann Rudolf Feyerabend (1806). Der Maler Dominik Weber aus Freiburg erhielt 1887 von seiner Stadt den Auftrag, die Friedhofskapelle mit einem Totentanzgemälde auszustatten, und nach diesem Vorbild ist dann ein Jahr später auch ein Totentanzzyklus für die Maria-Schnee-Kapelle beim Friedhof Lörrach-Herten (bei der Abzweigung nach Degerfelden) entstanden.
Bereits 1723 ist in Bleibach bei Waldkirch ein Totentanz für die Beinhaus-Kapelle in Auftrag gegeben worden, der offensichtlich nach der Basler Version ausgeführt wurde. Den Zugang zur Beinhauskapelle findet man unter dem Kreuzweg der 1975 erneuerten Kirche.

Edith Schweizer-Völker

12-2020 EdithSchweizer-Völker Geschichte Kultur Dreieckland