Ode an meinen Komposthaufen
Es soll sich regen, schaffend handeln,
Erst sich gestalten, dann verwandeln;
Nur scheinbar steht’s Momente still.
Das Ewige regt sich fort in allen:
Denn alles muss in Nichts zerfallen,
Wenn es im Sein beharren will.
Natürlich habe nicht ich diesen Text erschaffen. Er stammt aus dem Gedicht Eins und Alles, welches Goethe vor 200 Jahren geschrieben hat. Es beschreibt eine Dynamik, die zum Komposthaufen passt: alles muss zerfallen. Die Vergänglichkeit ist eine Voraussetzung für neues Werden.
Die Blumen im Garten erfreuen uns und wir geniessen den Augenblick. Wir denken nicht ans Vergehen. Doch die Pflanze ist ständig im Wandel, vom Keimen bis zur Rotte im Kompost. Dieser fördert die Blumenpracht im nächsten Jahr. Darum liebe ich meinen Komposthaufen.
Es war ja ganz einfach. Als ich vor 40 Jahren zu meinen paar Quadratmetern Garten kam, fragte ich mich im Herbst, ob ich wirklich alles Laub via Ochsnereimer entsorgen sollte. Gratis, es gab ja noch keine Beppisäcke. Dazu hatte ich als Agronom keine Lust und beschaffte mir ein Kompostgitter. Damals hier mitten in der Stadt wahrscheinlich das einzige weit und breit. Aufstellen und einfach alles pflanzliche Material hinein werfen. Auch Rüstabfälle gehen hinein und natürlich auch jede Menge Kaffeesatz! Wichtig unter diesen Umständen ist, dass gar nichts Tierisches reinkommt. 100 % vegan muss ein solcher Kompost sein. So stinkt er nie und lockt keine Tiere an. Wenn nichts mehr Platz findet, kann man das Gitter öffnen und den Haufen kehren. Zuunterst befindet sich frisch duftende Komposterde. Mit einer Schaufel durch ein grobes Gitter geworfen ist sie schon bereit für die Blumenbeete. Das Gitter wieder aufstellen und alles nicht verrottete Material wieder hinein werfen. Das geschieht vielleicht einmal pro Jahr, dauert 2 Stunden und ergibt gut 100 kg Komposterde.
Natürlich kann man die Sache auch aufwendiger gestalten, besonders wenn mehr Material anfällt. Durch regelmässiges Umschichten kann die Rotte beschleunigt werden. Im Gegensatz zum einfachen Kompostgitter funktioniert ein Thermokomposter bei uns auch im Winter, weil seine Wände die von den Regenwürmern, Asseln, Tausendfüsslern, Pilzen, Bakterien & Co. produzierte Wärme zusammenhalten.
In den letzten 40 Jahren habe ich so über 4‘000 kg frische Komposterde in die Pflanzbeete geschaufelt und sicher auch ein paar hundert Beppisäcke eingespart. Mein Dank gilt den kleinen Helfern, die das Pflanzenmaterial so fleissig zersetzen und Erde für neues Werden schaffen. Zum Schluss die schlechte Nachricht: das vermisste Salatbesteck war nicht im Kompost!
Peter Schuler