Erlengarten: Der Baumschutz hat verloren

Das Appellationsgericht hat entschieden: Dem Rekurs des Besitzers der Horburgstrasse 100 wird stattgegeben. Die Baubewilligung für die Parzelle Horburgstrase 100 ist gültig, die Kastanien können gefällt, das Restaurant kann abgerissen, der Neubau gebaut werden.

Im generellen Bauverfahren hatte das Bauinspektorat 2019 befunden, der Ersatz der vier grossen alten Kastanien durch 4 Säuleneichen im Vorgarten sei ungenügend, und hatte gefordert, dass im Eckbereich Efringerstr./Horburgstrasse ein «grosskroniger , markanter, strassenraumprägender» Baum gepflanzt werden müsse. In diesem letzten Schritt des Verfahrens war es nun nur um die Frage gegangen, ob die geplante Zerreiche sich neben dem geplanten Gebäude zu einem grosskronigen Baum entwickeln könne (Entschuldigung es ist kompliziert und etwas absurd). Die Rekurskommission hatte aufgrund unseres Rekurses gefunden, nein, und die Baubewilligung von 2020 zurückgewiesen. Der Hausbesitzer hat aber appelliert und nun gewonnen. Die vier Kastanien der ehemaligen Gartenwirtschaft werden durch drei Säuleneichen und eine Zerreiche im Vorgarten des neuen Gebäudes ersetzt.

Im Verfahren vor dem Appellationsgericht hat die Stadtgärtnerei argumentiert, die Platzverhältnisse für die geplante Zerreiche, sei zwar tatsächlich eng, aber der Baum könne auch asymetrisch, nämlich zur Strasse hin, wachsen. Aufgrund der beschränkt vorhandenen Fläche und der fortschreitenden Verdichtung sei es erforderlich, dass grosskronige Bäume auch an nicht optimalen Standorten «angeordnet» werden können.

Sieht so unser Baumschutz aus?

Weshalb kann die Stadtgärtnerei nicht optimale Standorte für Ersatzbäume fordern? Weshalb setzt sie sich nicht dezidierter dafür ein, dass ökologisch wertvolle Bäume und Grünräume zum Schutz des Mikroklimas erhalten bleiben?
Wir hatten in unserer Petition gefordert, dass die Prioritäten zwischen Baugesetz und Baumschutz neu gesetzt werden. Das haben wir nicht erreicht. Die «Interessensabwägung» zwischen Baumschutz/ Schutz des Mikroklimas und den Interessen des Investors, das «Potential» seiner Parzelle voll auszuschöpfen, ist zugunsten des Investors ausgefallen, dies mit tatkräftiger Unterstützung der Stadtgärtnerei.
Auch im Ratschlag für den Bebauungsplan Horburg-Dreirosen ist der Verlust von neun zum Teil sehr grossen Bäumen ein Detail, das kein Gewicht hat.
Was ist unser Stadtklimakonzept wert, wenn es um ökonomische Interessen geht?

Die Stadt hat im Sommer 2021 angekündet 500 neue Bäume zu pflanzen. Sehr gut. Weshalb gibt es aber im Matthäus-Klybeckquartier keinen einzigen neuen Baumstandort?

Hat sich unser Einsatz zum Erhalt der vier Kastanien gelohnt?

Das Appellationsgericht hat verfügt, dass der Immobilienbesitzer einen verbindlichen Pflegeauftrag für die Bäume vergeben muss. Das ist ein sehr mageres Resultat. Umso mehr als unklar ist, wer das kontrolliert und wie man es einfordern kann und was passiert, wenn die Liegenschaft verkauft wird.

Wir haben sehr viel Unterstützung von Nachbar:innen und Bewohner:innen aus der näheren Umgebung erfahren. Gute 600 Personen haben innert einer einzigen Woche unsere Petition «Für einen wirksamen Baumschutz - Für den Schutz des Mikroklimas» unterschrieben, wir wurden immer wieder auf das Schicksal der Bäume angesprochen. Viele Leute verstehen nicht, dass die Stadt zulässt, dass solch alte Bäume gefällt werden.

Wir haben gelernt - und möchten das auch weitergeben - dass es wichtig ist, gegen die generelle Baueingabe einzusprechen, wenn oekologisch wertvolle Bäume gefällt werden oder Gärten und Grünräume verloren gehen, und dass es auch wichtig ist, im ersten Verfahrensschritt einen Rekurs zu machen. Unsere Argumentation, dass nicht nur Bäume, sondern der «Baumraum» geschützt werden muss, und dass ein Baum nicht nur gepflanzt werden muss, sondern sich entwickeln können muss, kann in nächsten Kämpfen um den Erhalt von Bäumen von Nutzen sein.

Wir finden, dass es unbedingt nötig wäre, zu sammeln, wo grosse alte Bäume gefällt werden. Das sollte eigentlich die Stadtgärtnerei machen. Pro Natura könnte ein Kataster der gefällten Bäume machen? Bajour könnte eine entsprechende Umfrage machen?
Es wäre hilfreich, wenn sich kleine Initiativgruppen, die gegen den Verlust von Grün kämpfen oder Projekte haben zur Begrünung, einfach vernetzen könnten. Zum Beispiel über die Stadtteilsekretariate.

Mit dem «Erlengarten» geht auch ein Stück Quartiergeschichte zu Ende. Schade.

PS Ob die vier sehr grossen Bäume, die für den Bau zwischen Fossil und Musical Theater gefällt wurden, wohl ersetzt werden? Sie müssen ersetzt werden. Wer aber sorgt dafür, dass das auch stattfindet?

Unter https://3d.geo.bs.ch/ , dem 3d Stadtplan, können die Volumen geplanter Neubauten eingesehen werden

Stadtentwicklung Wohnen